Herausgegeben von Friedrich Dross. München 1959. 723 Seiten. Gebunden.

Herausgegeben von Friedrich Dross. München 1958. 520 Seiten. Gebunden. Nur in Verbindung mit Prosa II, Briefe I, Briefe II, Die Dramen.

Herausgegeben von Friedrich Dross in Zusammenarbeit mit Klaus Lazarowicz. München 1985. 620 Seiten. Gebunden.(antiquarisch)

Herausgegeben von Friedrich Dross. München 1958. 520 Seiten. Gebunden. Nur in Verbindung mit Briefe II, Prosa I, Prosa II, Die Dramen.

"Ihr seid krank, sagte sie, und Eure Welt geht unter, aber ehe sie nicht untergegangen ist, geht die bessere nicht auf." Wer sich auf Barlachs letztes literarisches Werk, den Roman "Der gestohlene Mond" einlässt, findet sich alsbald vom Erzähler gewarnt: Es gäbe nicht allzuviel zu erwarten, denn "nichts, was zu einem guten und gerechten Bündel von Romankapiteln gehört, wird verheißen". Also nicht mit einem ´richtigen`Roman ist zu rechnen, allenfalls mit einem wohleher irgendwie ungehörigen "Bündel" von kapiteln. Das klingt nach Zusammengewürfeltem, Unordentlichem, nach etwas ohne Anfang, ohne Mitte und auch ohne rechtes Ende. Und ebenso wenig wird ein Held - und damit eine Handlung - versprochen. Also jemand, der mit fester Hand in die Welt eingreift und sie gestaltet und "das Ganze der menschlichen Eigenheiten" faßt. Der Erzähler gibt gar vor, überhaupt nicht zu wissen, "was und wer ein Charakter ist", kannfolglich auch kein "Charakterbild" auspinseln, nichts "Ganzes" bieten, und verweist wie zur Entschuldigung darauf, daß "die Erfassung eines Charakters" als Aufgabe auch "gar nicht gestellt" ist.

Mit dem Titel „Reise des Humor und des Beobachtungsgeistes“ und weiteren Texten aus der Pariser Zeit hat Dr. Ulrich Bubrowski die komplette Pariser Prosa Barlachs für die Veröffentlichung neu bearbeitet und das von Barlach „Notierte bis in jeden Einzelbuchstaben hinein respektiert“. Auf 231 Seiten sind vor allem auch Briefe, bisher unveröffentlicht gebliebene Texte und spätere Äußerungen Barlachs zu seinem frühen Roman zusammengefasst. Auch dokumentiert der Anhang sämtliche dem Romanprojekt zuzuordnende Skizzen und Notizen. Wer also den Schaffensprozess des Schriftstellers Ernst Barlach nachvollziehen möchte, wird an diesem Buch seine wahre Freude haben, aber vor allem auch etwas über die persönliche und künstlerische Verfassung des jungen Barlach erfahren, der nicht nur die Pariser Gesellschaft der 1890er Jahre mit Humor und Ironie beschreibt, sondern auch die eigene mühevolle Suche um künstlerische Positionierung.

Ein geschäftstüchtiger Guru bietet die "Absolute Versicherung": Eine Glücksgemeinschaft freier Liebe und garantierter Kinderlosigkeit unter südlichem Himmel - wer zahlt, wird "erlöst". Dieser zukunftslosen Welt antwortet Celestine mit ihrem Opfer für eine bessere Wirklichkeit. Weil sie für andere Verantwortung übernimmt, verhilft sie der Hoffnung auf "Gute Zeit" zum Leben: "Es wäre besser, ich stürbe, als dass die schlechte Wirklichkeit in mir groß wird." - "Schafft in euch Wissen vom Wohlverhalten vor dem eigenen Urteil", kündigte Barlach sein Stück an, "und ihr habt die ´Gute Zeit`".

Heinrich heißt der "Graf von Ratzeburg" wie Faust, und auch seine Geschichte ist ein Prozeß der Selbstverwirklichung. Aber sein Weg führt vom Gelten ins Sein. Das Sein ist das Wissen, im Geist zu gründen. Geist oder Gott ist für Barlach ein Akt menschlichen Bewußtseins. Geist und Ungeist unterscheiden sich für ihn durch Anerkennung oder Leugnung von Schuld.

Im Biedersinn erkannte Barlach die Maske des Bösen. Wer zur Selbstkritik mahnt, geht im Chor der Philister unter. Wer für den Zustand der Welt die eigene Skrupellosigkeit verantwortlich macht, dem wird das Maul gestopft. Die erlösende Tat geschieht wortlos. Dann erschauert das gesunde Volksempfinden. Der Findling im Dreck wird zum "Balg des Heils", als sich ein Mensch seines Elends erbarmt. Die einzige Heilserwartung kann das autonome Gewissen sein.

Echt sind die Sedemunds, Gierhahns und Ehrbahns, weil sie nicht umzubringen sind, und die Macht, die vom Volke ausgeht, ist mit ihnen. Noch die Entlarvung ihrer Schandtaten macht die Stützen der Gesellschaft nicht wanken, denn die Obrigkeit weiß, was sie zu verteidigen hat: "Ein guter Ruf gilt uns einen ganzen Hümpel mehr als genaue Gerechtigkeit... Der gute Schein schirmt die gute Sache, und die gute Sache ist unser Schirm und Schutz." Barlachs Kleinstadt-Pandämonium dreht sich wie ein jahrmarktkarussell - auf dem Friedhof.